Erbarmt euch derer, die zweifeln. (Judas 22)
Habe ich es richtig gemacht oder nicht? Das lässt sich im Fall einer Rechenaufgabe eher entscheiden als bei einer Formulierung mit der ich mein Gegenüber enttäuscht habe.
Zweifel überkommen mich. Sie beschleichen mich, wie ein Frösteln an einem lauen Sommerabend. Sie pirschen sich sprachlich heran und dann sind sie da. Überraschend.
Ja, auch ich habe Zweifel. Neulich überraschte mich so ein zaghafter Gedanke: „Wo in diesem Moment – wenn Flüchtlinge durch Europa irren, brutalen Situationen ausgeliefert sind und so viele hier in unsere Orte wollen – wo bist du eigentlich gerade, Gott?“
Zuversicht und Vertrauen habe ich nicht gepachtet. Zweifel gehören auch zum Glauben; kleine, die schnell verfliegen und große grundsätzliche Zweifel. Denn Glauben ist ein Wagnis. Eine Einladung zum Vertrauen. Und Vertrauen geht ohne Beweise. In der Liebe und im Glauben. Sonst wäre es Wissen.
Und was hilft mir dann? Am ehesten wenn jemand ehrlich zu mir sagt:
„Ja, das verstehe ich. Das kenne ich. Ich fühle mit dir.“
„Dein Glaube ist nicht schlechter und meiner nicht besser!“
Erbarmen.
Gut, dass sich bei deiner Meinung niemand ganz sicher sein kann, Gott.
Rahel Rietzl